"Offshore-Leaks, Lux-Leaks und jetzt Swiss-Leaks: Die Süddeutsche Zeitung ist das Sturmgeschütz des Finanzamts. Die Redaktion veröffentlicht regelmäßig Informationen aus internen Bankunterlagen, an die sie durch Whistleblower kommt. Was die Zeitung nie erwähnt: Dass sie selbst ihre Leser auf die Steuerhinterziehung im Ausland hingewiesen hat und sich dafür von den Banken bezahlen ließ. Ich war damals in der Redaktion dafür zuständig. Es war das Jahr 2007, es war mein erster Job nach dem Studium und bis heute habe ich darüber geschwiegen."
18.02.1015
Die volle Breitseite. Sebastian Heiser packt aus. Über die Praktiken im Verlagswesen. Wo Glaubwürdigkeit längst dem schnöden Mammon geopfert ist. In dem Fall bei der Süddeutschen Zeitung. Einem angeblichen Qualitätsblatt. Solche Geschichten kennen viele Journalisten. Da ist der Kollege, der von einem Magazin auf eine Reise nach Südamerika geschickt wird. Dort soll er einen Artikel über ein Produkt schreiben. Die Werbefinanzierung steht schon. Redaktionsalltag - über den keiner gern spricht. Die meisten Kollegen schlucken solche Stories 'runter' - die Familie muß schließlich ernährt werden. Nicht so Sebastian Heiser.
Tonbandmitschnitte von Gespräche mit Kollegen, Redaktionsmails - Heiser veröffentlich alles. Das volle Programm. Er ist der klassische Whistleblower, dem es - irgendwann einmal - gereicht hat. Und wie reagieren die 'Qualitätsmedien', wie reagieren Süddeutsche und NDR? Die sonst bei jeder Gelegenheit salbungsvolle Hohelieder auf mutige und unerschrockene Whistleblower singen? Sie streiten ab, 'kochen' die Geschichte - sichtbar bemüht - runter, greifen den Whistleblower an. Frei nach dem Motto: warum er sich nicht erst intern und vertrauensvoll an die Süddeutsche Zeitung gewandt hat. Als würde dies etwas helfen.
Den Gipfel an Verlogenheit zelebriert Anja Reschke, Innenpolitikchefin beim NDR. Zusammen mit der Süddeutschen und dem WDR steht der Sender in einer Art redaktionellem Rechercheverbund. Reschke twittert sich gerade um Kopf und Kragen. Konkret wirft sie Heiser vor, acht Jahre mit der Veröffentlichung der Vorwürfe gewartet zu haben. Blöd nur, dass Heiser Reschke vor sechs Jahren genau diesen Vorgang als journalistisches Enthüllungsthema vorgeschlagen hat. In einer e-mail, die man nun nachlesen kann. Kein Interesse hieß es damals vom NDR. Auch aus der Redaktion des Medienmagazins ZAPP, die sich sonst gern so kritisch gibt.
Sebastian Heiser wird nun erstmal keinen Fuß mehr auf den Boden kriegen. Das ist der Preis, den Whistleblower zahlen. Reschke und ihre Kollegen von der Süddeutschen werden weiter auf Kongressen reden, sich gegenseitig mit 'Lametta' behängen. Mit solchen Leuten ist der Journalismus am Ende.
Fred Kowasch